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Predigt von Pfarrer Daigeler am Ersten Weihnachtsfeiertag

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, „allen, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu werden“, so meditiert der Evangelist Johannes über das Weihnachtsgeschehen. Nur Matthäus und Lukas sprechen über die Ereignisse um die Geburt Christi im Stall von Betlehem. Johannes ordnet das Geschehen in den großen Zusammenhang ein: Es ist nicht nur Weltgeschichte, es ist Heilsgeschichte, die hier geschrieben wird. Der unfassbare Gott hat sich begreifbar gemacht, hat sich als zartes Kind auf den Armen der Mutter tragen lassen. Gott wird Mensch, um unser Leben zu teilen und uns so den Weg aufzuschließen, dass wir seine Kinder werden und so Anteil an seinem ewigen Erbe erhalten.

Doch was zeichnet die Menschen aus, die „ihn aufnahmen“. Der Evangelist Lukas nennt hierfür die Hirten, Matthäus nennt die Weisen aus dem Morgenland, die wir noch mit einem eigenen Fest feiern werden. Schauen wir heute am Weihnachtstag noch einmal auf die Hirten. Was führt sie dazu, Jesus aufzunehmen?

Bei ersten Hören ist es der Lobgesang der Engel, das „himmlische Heer“, dass die große Freude der Geburt Christi verkündet. So konnten wir es in der Heiligen Nacht hören. Aber ist es wirklich diese spektakuläre Himmelserscheinung? Gar nicht wenige Gläubige wünschen sich manchmal, dass Gott sich doch deutlicher zeigen solle in dieser Welt – durch Zeichen und Wunder, damit alle Menschen zum Glauben finden. Für mich zeigt sich im Weihnachtsfest eine andere Logik, gleichsam die Pädagogik Gottes. Denn das Eigentliche, das es in dieser Nacht zu sehen gibt, sind ja nicht die Engel. Sie sind ein Randphänomen. Das Entscheidende ist ein kleines Kind, das in Windeln gewickelt in einer Krippe liegt. Wie armselig im wahrsten Sinn des Wortes. Ganz arm und doch selig, weil in diesem Kind die ganze Hoffnung geborgen ist, die Gott zu schenken vermag.

Doch noch einmal zurück zu den Hirten. Sie erschrecken zunächst. Sie lassen sich aufschrecken aus der Schläfrigkeit. Dann sagen sie zueinander: „Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat.“ Sie warten nicht ab, sie dösen nicht weiter, sie bleiben nicht bequem im Sessel, sie verharren nicht in den gewohnten Bahnen dessen, was sie schon immer gemacht haben. Sie brechen auf. Und eben das ist ihr Einsatz, den sie einbringen: ihre Zeit, ihre Kraft, ihre Aufmerksamkeit. Zum Glauben finden wir nur durch dieses Aufbrechen, um zu sehen und zu hören. Darum braucht es zum Glauben auch die Kirche, darum braucht es den gemeinsamen Gottesdienst. Wer hiermit abschließt, setzt nur selten etwas Neues an diese Stelle. Die Meisten schließen ab damit, sie lassen die Türen zu wie die Bewohner von Betlehem.

Doch wir brauchen als Christen und als Kirche immer neu diesen Aufbruch und dieses Staunen der Hirten. Gott lässt sich finden. Das ist unsere christliche Frohbotschaft, die wir an Weihnachten bekräftigen. „Das Wort ist Fleisch geworden“, hörbar und begreifbar. Was für eine kostbare Nachricht, die wir den Menschen auszurichten haben. Im Vergleich mit ihr sind all die innerkirchlichen Debatten Marginalien. Gott ist da, er ist in Jesus Mensch geworden, einer von uns. Wer ihm glaubt, der ist nie allein! Das ist unser Evangelium.

Schauen wir heute gemeinsam in die Krippe. Staunen wir über das neugeborene Christuskind. Freuen wir uns über die Zärtlichkeit und Zuversicht, die dieses Kind ausstrahlt. Tun wir es den Hirten nach. Nehmen wir Christus auf und an als unseren Heiland. Und erzählen wir es weiter, das „Wort, das über dieses Kind gesagt worden“ ist, das Evangelium vom Gottes Sohn, der „unter uns gewohnt hat“, der unter uns wohnen will, der mit uns gehen will „auf allen unseren Wegen“. Amen.

25.12.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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