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Predigt von Pfarrer Daigeler zu Fronleichnam B

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, in unserem Land kennen wir – Gott sei Dank – keinen Hunger. Das war freilich nicht immer so, es gab auch andere Zeiten. Heute ist es jedenfalls für uns selbstverständlich, täglich ausreichend Nahrung zu haben, ja sogar auswählen zu können, was wir essen. Nichts desto trotz hat uns die Pandemie gezeigt, dass es auch andere Formen des Hungers gibt: Hunger nach Begegnung und Zuwendung.

Wenn wir an die Kinder denken, die lange kaum Schulfreunde oder Spielkameraden treffen konnten. Wenn wir an Menschen in Altersheimen oder Krankenhäusern denken, die lange kaum Besuch empfangen durften. Oder wenn wir an unzählige Menschen denken, die einfach gerne wieder Freunde treffen wollen, sie mit anderen austauschen oder mit anderen feiern wollen… Auch danach kann man „hungern“, weil es zu einem guten und gelungenen Leben gehört. Weil Leben mehr als Überleben ist, braucht es mehr als Wasser und Brot.

Wenn wir das bedenken, verstehen wir vielleicht besser das Geschehen im Abendmahlssaal, von dem uns die Evangelisten berichten. Die Freunde Jesu wollen mit ihm feiern – ein altes jüdisches Fest: Pascha, das Fest der Befreiung. Und auch Jesus sehnt sich am Abend vor seinem Leiden und Sterben danach, Menschen um sich zu haben – denn nach dem Letzten Abendmahl geht es „zum Ölberg hinaus“, hinein in die bitterste Stunde.

Es liegt auf der Hand, dass es hier um mehr geht als um Essen und Trinken. Brot steht für die Nahrung, ja für das, wovon wir in Wahrheit leben. Wein steht für die Freude, für das Fest, das lediglich ein Vorgeschmack des Kommenden ist, des Tages nämlich, da wir „von der Frucht des Weinstocks trinken dürfen im Reich Gottes“. Eine viel tiefere und „wahrere“ Bedeutung als die mit dem Augen sichtbare legt Jesus in Brot und Wein. Er sagt: „Das ist mein Leib“, „das ist mein Blut“. Das bedeutet nicht weniger als: „Das bin ich. Ich selbst. Ich bin da für euch. Unter diesen Gestalten habt ihr echte und tiefe Gemeinschaft mit mir…“ – oder wie wir es mit dem lateinisch Wort sagen: „Kommunion“.

Das ist das größte Geschenk, dass der Herr seinen Jüngern und durch sie auch uns gemacht hat. Doch wahre Liebe ist nie billig. Daran erinnern die beiden Lesungen, die dem Evangelium vorangestellt sind. Sie sprechen vom „Blut des Bundes“, wenn von alttestamentlichen Sühnopfern die Rede ist. Sie sprechen vom „Blut Christi“, wenn vom Opfertod Christi gesprochen wird. Auch wenn uns diese Formen und Bilder vielleicht fremd sind, was sie sagen, ist bleibend wahr: Nur die Liebe, die sich verschenkt, die sich selbst gibt, bringt reiche Frucht. Die Liebe, die Gemeinschaft mit dem Herrn, die wir in der heiligen Kommunion empfangen dürfen, ist uns gegeben durch die Hingabe Jesu am Kreuz. Es ist der Leib, der für uns „hingegeben“ wurde. Es ist das Blut, das für uns „vergossen“ wurde.

Darum heißt Christsein Dankbarsein. Wir kennen den, der unseren Hunger nach Zuwendung, nach Vergebung, nach Leben wahrhaft stillen kann: Jesus Christus. Wir kennen den Ort, wo dies geschieht: in der heiligen Messe. Darum ist die Messe stets „Eucharistie“, zu deutsch: „Danksagung“. Wir sagen dem Herrn Dank für sein großes Lebensgeschenk, von dem wir leben – Dank mit unserem Singen und Beten, Dank mit unserer Sakramentsprozession zu Fronleichnam, Dank mit unserem ganzen Leben. Amen.

03.06.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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