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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 24. Sonntag im Jahreskreis A

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, zu einer der schwierigsten Herausforderungen des Glaubens führt uns das heutige Evangelium. Es geht um das Verzeihen.

Petrus spricht zunächst eine menschliche Erfahrung an. Wir brauchen Vergebung. Sonst gibt es überhaupt kein Zusammenleben. Vielleicht könnte man die Frage des Petrus: „Wie oft muss ich vergeben?“ zuerst einmal interpretieren im Sinne von: „Jeder verdient eine zweite Chance.“ Das leuchtet ihm ein. Und wer ehrlich mit sich selbst ist, der weiß: Keiner macht alles richtig. Immer wieder unterlasse ich Gutes. Und es kommt auch vor, dass ich andere Menschen verletze durch Worte oder Taten. Der einzige Weg hier herauszufinden ist das Geschenk der Vergebung.

Natürlich weiß auch jeder von uns, wie schwer es uns fällt, einem anderen zu vergeben. Da müssen wir gar nicht auf Konflikte in der großen, weiten Welt schauen. Da reicht der Blick in unsere eigenen Familie und Ortschaften. Wie viel Unversöhntes gibt es auch unter uns: Familien oder Nachbarn, die nicht mehr miteinander sprechen; Dörfer, wo es unter der Oberfläche langjährige Zwistigkeiten und Zerstrittenheiten gibt… Oftmals lässt sich gar nicht mehr feststellen, was der Auslöser oder Grund war. Einig ist man sich meist nur darin, die Schuld beim anderen zu verorten.

Jesus versucht nun seine Jünger Schritte über die rein menschliche Berechnung hinauszuführen. Das Gleichnis, das er erzählt, benennt eine unfassbare Zahl: Zehntausend Talente schuldet dieser Diener seinem Herrn. Diese Gewichtseinheit ist ungefähr vergleichbar mit einem Zentner. Klar ist jedenfalls: Diese große Schuldenlast kann der Diener nicht abarbeiten noch zurückzahlen. Einzig die Vergebung, die Gnade, die Barmherzigkeit seines Herrn kann ihn aus dieser Verstrickung befreien. Denn die Barmherzigkeit rechnet nicht Zahlen auf. Sie sieht den Menschen und seine Not. Sie sieht das, was nötig ist, damit das Leben überhaupt weitergehen kann, ja, damit es gut weitergehen kann.

Immer wieder versichert uns die Heilige Schrift, dass Gott in dieser Weise barmherzig ist. Sonst könnten wir gar nicht leben, denn letztlich sind wir alle Schuldner vor ihm. Keiner hat sein Leben selbst geschaffen, keiner kann sagen, dass er immer das Rechte tut. So sind wir immer auf Gottes Erbarmen angewiesen. Doch wer ihn darum bittet, der darf auch darauf hoffen.

Nun überträgt schon die Erste Lesung im Gleichnis dieses Beschenktsein durch Gott auf das Miteinander der Menschen: „Vergib deinem Nächsten das Unrecht, dann werden dir deine Sünden vergeben.“ Wir können die Liebe zu Gott nicht von der Liebe zum Nächsten trennen und umgekehrt. Es sind zwei Seiten einer Medaille. Und so wie wir im Gebet Gott immer wieder um seine Hilfe, um Heilung und sein Erbarmen bitten. So müssen auch wir dem Nächsten begegnen, sonst werden unsere Gebete nicht erhört werden.

Das ist kein einfacher Weg. Das behauptet Jesus auch nicht. Aber es ist der einzige Weg, der uns wirklich frei macht. Wer vergeben kann, ist wahrhaft frei. Er lässt nicht mehr Verletzungen, nicht mehr Schuld, nicht mehr Berechnung über sich bestimmen. Er selbst handelt und „bestimmt“ – im Vergeben. Vergebung ist das Größte, zu dem ein Mensch fähig ist. Zum diesem Großen fordert Jesus uns heraus, indem er uns die Barmherzigkeit des Vater bringt. Freuen wir uns über die Barmherzigkeit unseres himmlischen Vaters. Ahmen wir ihn nach, damit wir Gottes Kinder heißen und es in Wahrheit sind. Amen.

17.09.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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