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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 20. Sonntag im Jahreskreis A

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, manche Fragen oder Konflikte in der Heiligen Schrift sind für uns zunächst schwer zu verstehen, denn sie haben zu tun mit bestimmten Auffassungen von Volkszugehörigkeit oder von Rollen. So ist es auch im heutigen Evangelium. Die schroffe, ja man möchte sagen in unseren Ohren „unverschämte“ Herabsetzung der kanaanitischen Frau, der Vergleich mit den Hunden, diese Worte sind irritierend.

Es gibt nun verschiedene Umgangsweisen mit solch provokanten Bibelstellen. Einige lassen sie schlicht aus oder überspringen sie. Es finden sich doch angenehmere und leichter verständliche Bibelstellen… Doch wir müssen festhalten, dass diese Begegnung zwischen Jesus und der Frau aus Kanaan nun einmal im Evangelium steht. Und es steht uns nicht zu, Gefälliges zu hören und Schwieriges beiseitezulassen. Die Herausforderung besteht vielmehr darin zu fragen, welche Botschaft für uns steckt in diesem Abschnitt aus dem Evangelium?

Schauen wir also noch einmal auf den Text. Die Heilige Schrift als Ganze ist geprägt vom Gedanken des Bundes. Gott erschafft die Welt. Gott lässt sich auf Menschen ein, die sich von ihm ansprechen lassen wie Abraham. Und dieser Dialog zwischen Gott und Mensch wird fortgesetzt mit dem Volk Israel. „Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“, sagt Gott zu Mose am brennenden Dornbusch. Diese Verbundenheit, dieser Bund schafft Befreiung aus der Sklaverei und schenkt ein eigenes Land. Es liegt auf der Hand, dass es dies zu bewahren gilt, indem man den Bund mit Gott und die damit verbundenen Verpflichtungen hochhält.

Das kann aber auch zu einem Verständnis der Exklusivität führen. „Wir sind erwählt, wir sind etwas besseres, wir wissen mehr als die anderen…“ Und genau dieser Engführung tritt Gott selbst immer wieder entgegen. Der Prophet Jesaja sagt in Gottes Namen: Mein Haus soll „ein Bethaus für alle Völker“ sein. Und auch Jesus weitet den Auftrag, wenn er sagt: „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern.“

Wie groß dieser Schritt ist, ist für uns vielleicht schwer zu ermessen. Darum verdeutlicht ihn das Evangelium mit dieser Auseinandersetzung. Es hat fast den Eindruck, als ob Jesus selbst noch etwas lerne, aber in Wirklichkeit will er seine Jünger etwas lehren: „Frau, dein Glaube ist groß.“

Das Entscheidende für die Jesus-Nachfolge ist nicht die Zugehörigkeit zu einem Volk oder einer Kultur. Das Entscheidende ist das Glaubensbekenntnis: Jesus ist der Herr, der „Sohn Davids“, der Sohn Gottes, der Erlöser, wie es die kanaanitische Frau ausdrückt.

Darum ist unsere Kirche notwendiger Weise Weltkirche, sonst verpasst sie einen wesentlichen Teil der Jesus-Nachfolge. Auch wenn in unserem Land das „synodale“ Lied gesungen wird: „Wir sind schon weiter als andere Länder. Und wenn diese nicht so weit sind, dann soll man eben schon mal die alten Regeln und Glaubensüberzeugungen ablegen…“ Doch der Weg in die Nationalkirche ist ein Irrweg. Genauso wie es auf Dauer nicht trägt, sich nur die Worte Jesu auszusuchen, die mir gefallen.

Wir wollen den ganzen Christus. Wir wollen aus dem Bund mit ihm leben mit allen Brüdern und Schwestern in unserer Kirche auf der ganzen Welt. Amen.

20.08.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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