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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 10. Sonntag im Jahreskreis A

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, in Rom gibt es in der kleinen Kirche St. Ludwig eine Seitenkapelle, die dem heiligen Matthäus geweiht ist. Der Auftraggeber, ein Kardinal mit dem Vornamen Matteo, ließ den Maler Caravaggio Szenen aus dem Leben seines Namenspatrons darstellen. Eines der Bilder zeigt in eindrucksvoller Weise das eben gehörte Evangelium, nämlich die Berufung des Zöllners Levi, auch Matthäus genannt.

In den Jahrhunderten zuvor hatte man solche biblischen Szenen gerne vor einer idealisierten Landschaft dargestellt. Der barocke Maler Caravaggio brachte einen neuen Stil. Er zeigt Menschen in der Kleidung seiner Zeit, mit Gesichtern der Menschen auf den Straßen Roms. Das sorgte zuerst für Aufsehen, aber es enthält eine geistliche Botschaft: Gott kommt nicht in eine ideale oder erträumte Welt. Gottes Sohn kommt in diese Welt, wie sie nun einmal ist, zu einer konkreten Zeit und an einem konkreten Ort.

Auch die Menschen, die Jesus beruft, waren keine perfekten Menschen. Die Apostel sind noch nicht heilig, komplett oder vollkommen. Vielmehr ruft Jesus sie auf den Weg. Und dieser Weg ist ein Weg der beständigen Wandlung, damit sie die Welt verwandeln können. Denn jede Veränderung in der Welt und der Kirche beginnt immer bei dir und bei mir.

Jesus ruft Menschen mit Stärken und Schwächen ihm nachzufolgen, damit sie alle Menschen einladen, ihm nachzugehen. Das ist tröstlich und ermutigend. Die Apostel sind nicht unerreichbar, sondern nahbar. Sie sind Menschen wie wir, darum sind sie freilich auch schwach und mit Sünden behaftet, wie wir es sind. Das ist aber der Weg, den Jesus selbst gewählt hat, damit seine Botschaft bis an die Enden der Erde gelange, damit seine Gegenwart berührbar bleibt.

Wir glauben nicht abstrakten Worten, wir gehören keiner idealisierten Gruppe an. Wir glauben, dass Gott selbst in die Welt gegangen ist und sich ihr ganz ausgesetzt hat. Er hat sich berühren lassen und hat Menschen berührt. Und so tut er es durch die Zeiten hindurch. Darum hat Jesus seine Kirche aus konkreten Menschen gegründet. So bleibt er greifbar und hörbar. Nicht als historische Figur oder Erinnerung, sondern als lebendige Wirklichkeit. Dieser Glaube fordert heraus. Er regt zum Widerspruch, weil das Vehikel, durch das Jesus zu den Menschen kommen möchte, manchmal einen feierlichen, manchmal einen verbeulten Eindruck macht. Aber es ist seine Wahl. Und es geht darum, dass er konkret, greifbar, inmitten unserer Geschichte bleiben will.

Das eingangs erwähnte Bild von Caravaggio zeigt unterschiedliche Reaktionen auf den Ruf Jesu. Einige sind erstaunt und springen auf, einige schauen weg oder sind mit dem Blick auf den Tisch mit dem Zoll-Geld gerichtet. Man kann nicht einmal genau sagen, wer auf dem Bild Matthäus ist. Einige erkennen ihn in einem Mann, der auf sich zeigt im Sinne von: Meinst du etwa mich? Andere erkennen ihn in einem jungen Mann, der zunächst weiter das Geld zählt, auf den ein anderer zeigt in Sinne von: Du wirst doch wohl nicht den hier meinen…

Es gibt vermutlich auch in uns unterschiedliche Reaktionen. Manchmal freuen wir uns, dass Jesus uns anspricht und wir wollen ihm nachgehen. Manchmal sind wir von anderen Aufgaben so in Beschlag genommen, dass keine Zeit für Jesus bleibt. Doch der Herr ruft konkrete Menschen, seine Boten zu sein, nicht weil sie perfekt wären, sondern weil er heilig ist, nicht weil wir schon vollkommen wären, sondern weil er das Ziel ist. Und immer ruft er uns zu: Komm, folge mir. Amen.

11.06.2023, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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