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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 13. Sonntag im Jahreskreis C

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Liebe Brüder und Schwestern im Herrn, jeder Mensch sucht Übereinstimmung mit dem, was er kennt und für richtig hält. Und genau das stellt den Glauben und die Kirche vor eine große Herausforderung. Vor zwei Generationen und mehr war klar: Ich finde größere Übereinstimmung, wenn ich am kirchlichen Leben teilnehme, als wenn ich das nicht tue. Einfach weil die Mehrheit der Menschen im Ort das so getan hat. Heute ist es genau umgekehrt.

Mancher bleibt dennoch bei seiner guten Gewohnheit, bei dem, womit er vertraut ist von Kindesbeinen an. Eine andere Gruppe fühlt sich vielleicht durch dieses „Anderssein“ angespornt – im Sinne von: „Wir haben es erkannt, andere nicht…“ Aber die deutliche Mehrheit – gerade der jungen Menschen – sucht Übereinstimmung. Und darum macht sie das, was die Mehrheit tut: Sie geht nicht mehr in die Kirche. Und der Glaube hat eine schwindende oder gar keine Bedeutung mehr.

Natürlich ist Ihnen diese Wahrnehmung nicht fremd. Mich bewegt sie sehr, denn ich kann mich nicht damit abfinden zu sagen: „Für meine Lebenszeit wird es noch reichen…“ Wenn man einfach nur die Entwicklung mathematisch weiterrechnet, geht die Kurve gegen Null.

Was ist also zu tun? Immer wieder ist in kirchlichen Kreisen zu hören, dass sich doch auch manch Unerwartetes ereignen kann. Krisen, Krankheiten und Kriege könnten die Menschen zur Umkehr bewegen. „Not lehrt Beten“, wird behauptet. Ich glaube das nicht. Die hinter uns liegende Pandemie hat die Frömmigkeit nicht gefördert, im Gegenteil. Ob es der gegenwärtige Krieg oder die bevorstehende Wirtschaftskrise tun wird, bezweifle ich auch.

Warum? Einfach weil es dem christlichen Glauben widerspricht. Die Gnade setzt die Natur voraus, ist ein dogmatischer Grundsatz. Es ist wie bei dem Wunder der Brotvermehrung, von dem wir an Fronleichnam hörten. Erst muss das Menschliche eingebracht werden, also die fünf Brote und zwei Fische, dann kommt das Göttliche, nämlich das Wunder Jesu hinzu. Ohne das Erste gibt es das Zweite nicht!

Und ebenso ist es auch mit dem Glauben. Der christliche Glaube fällt nicht vom Himmel. Er setzt bei unseren natürlichen Erfahrungen an. Er kann nicht erzwungen werden. Jesus verwirft diesen Weg eindeutig im eben gehörten Evangelium. Die Jünger wollen die Aufnahme des Heilands in einem Dorf erzwingen, sie wollen die Nicht-Annahme Jesu bestrafen, doch Jesus „weist sie zurecht“. Glaube kann nur in Freiheit geschehen, sagt Paulus im Galaterbrief, weil es Liebe und Vertrauen nur in Freiheit gibt.

Können wir also nichts machen? Nein, Jesus ruft im selben Evangelium sehr wohl Menschen in seine Nachfolge. Mit unterschiedlichen Einwänden, was jetzt gerade dringender ist, beschäftigt er sich. Dabei ist klar, es geht nicht ohne die „neue Übereinstimmung“, die Übereinstimmung nicht mehr zuerst mit den allgemeinen Bedürfnissen, sondern zuerst mit ihm. Denn was ist der Auftrag Jesu? „Du aber geh und verkünde das Reich Gottes“, gibt Jesus mit. Und nichts anderes hat Jesus selbst getan.

Aber vor dieser Aufgabe, dass Jesus das Reich Gottes verkündet hat, liegen 30 Jahre, die Jesus in einer Familie gelebt, in denen er mit seinen Händen gearbeitet hat. Ich denke oft über die „Methode“ der Missionsbenediktiner von Münsterschwarzach nach. Sie sind nach Afrika gegangen und haben nicht zuerst von Jesus gesprochen oder von der Kirche… Sie haben den Menschen die Möglichkeit angeboten, einen Beruf zu lernen und eine Ausbildung zu machen. Und in diesem miteinander Leben entstand die „Übereinstimmung“, die zur Grundlage für den Glauben wurde. Es muss letztlich unser Leben, unser Lebensstil sein, der andere einlädt, mit uns zu glauben. Wie wir als Gemeinde miteinander umgehen, wie wir die Schwachen und Kleinen im Blick behalten, ist wesentlich dafür, ob jemand zum Glauben findet. Denn wie soll man sich einen Gott vorstellen, von dem zwar geredet wird, der aber unser konkretes Leben nicht prägt?
Ich bleibe dahinter zurück. Es braucht vermutlich Heilige, Menschen, die in radikaler Liebe und Demut den Glauben inmitten der Menschen leben, in der Liebe zum Herrn und nicht weniger zum Nächsten. Ich bin sicher, dass es diese Heiligen gibt oder geben wird. Doch wir können hier und heute beginnen, im Kleinen diesen Weg zu gehen. Frère Roger Schutz von Taizé hat es so formuliert: „Lebe das vom Evangelium, was du verstanden hast, und sei es noch so wenig. Aber lebe es.“ Amen.

26.06.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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