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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 3. Adventssonntag A

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, „bist du es, der da kommen soll?“ So lässt Johannes seine Jünger Jesus fragen. Offenbar war selbst der Täufer ein wenig unsicher oder ungeduldig geworden. Ist Jesus wirklich der Retter, auf den man so lange gewartet hat? Und woran genau soll man das erkennen? Nicht nur das Evangelium auch die Zweite Lesung spricht über die Geduld, über das geduldige Warten „bis zur Ankunft des Herrn“.

Wir merken, die Menschen früherer Jahrhunderte waren nicht unbedingt geduldiger, als wir es sind. Mir fiel in den adventlichen Tagen ein Text des evangelischen Theologen Dietrich Bonhoeffer in die Hände der zur Passage aus dem Jakobusbrief passt. „Advent feiern, heißt warten können“, schreibt er um das Jahr 1930 und fügt hinzu, dass „unsere ungeduldige Zeit“, die „reife Frucht brechen“ will, „wenn sie kaum den Sprößling“ gesetzt hat.

Wenn ich die politischen und gesellschaftlichen Debatten verfolge, dann fällt mir die Ungeduld auf. „Warum ist dieses Problem noch nicht behoben? Warum ist diese Reform noch nicht beschlossen? …“ Und so keimen in nicht wenigen Menschen die Erwartungen, es könnte da einen geben, der den „Gordischen Knoten“ zerschlägt, der gleichsam „durchmarschiert“ und alle Probleme löst. Diese Vorstellungen, die ja von links wie von rechts durchgespielt werden, sind verbreiteter, als wir vielleicht manchmal denken.

Nun könnte man einwenden: Ja, vertretet aber nicht gerade ihr, Christen, auch eine solche Position, wenn ihr im Advent immer von dem erwarteten Retter und Heiland sprecht? Dieses Missverständnis liegt nahe. Wir hören eine ähnliche These ja aus dem Mund des Täufers Johannes im Evangelium. Doch es ist offenkundig nicht der Weg Jesu. Vielleicht steckt diese Aussage in dem merkwürdigen Wort, dass Jesus über Johannes sagt. Er erkennt ihn als Propheten und Großen an, sagt aber gleichzeitig von ihm, dass „der Kleinste im Himmelreich“ größer sei als er.

Jesus hält seinen Zuhörern und in ihnen auch uns gewissermaßen den Spiegel vor: „Was habt ihr denn sehen wollen“, als ihr zu Johannes hinausgezogen seid? Und er benennt zwei gegensätzliche Erwartungen, die uns in denselben Menschen begegnen können: Habt ihr ein „schwankendes Schilfrohr“ sehen wollen, also jemanden, der den Menschen nach dem Mund redet? Oder einen König „in feiner Kleidung“, der sich die Hände nicht schmutzig macht? Weder Johannes der Täufer noch Jesus passt in diese Erwartung. In der adventlichen Zeit rufen wir uns ins Gedächtnis, was wir als Christen erwarten dürfen. Ja, wir dürfen den Retter erwarten. Gott selbst ist in Jesus, seinem Sohn, in unsere Welt gekommen. Er ist der Immanuel, der Gott mit uns – der Gott, der uns in allen Stunden unseres Lebens nahe sein will. Das ist unsere Zuversicht und unsere Kraft. Aber dieser Heiland kommt als armes, kleines Kind in diese Welt, das von den Lauten, Mächtigen und Satten in Betlehem übersehen und nicht aufgenommen wird. Einzig die Blinden, Lahmen und die Aussätzigen erkennen ihn. Diese Botschaft lässt uns die falschen Propheten, die es in jeder Zeit gibt, durchschauen.

Gottes Ankunft in unsere Welt nimmt uns nicht heraus aus dem Warten und Entbehren, aus Fragen und Zumutungen. Auf Erden gibt es kein Paradies. Wo Menschen es versprechen, endet es in Katastrophen und Unheil.

Wer aber Christus kennt, wer ihm die Tür in sein Herz öffnet, der wird mit Licht und Hoffnung beschenkt. Ganz wie es uns Jesaja zuruft: „Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! Seht, hier ist euer Gott!“ Amen.

14.12.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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