logo pg liborius wagner Stadtlauringen

Predigt von Pfarrer Daigeler in der Osternacht

Download Audiodatei der Predigt

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, die Evangelisten erzählen von einer Geste menschlicher Liebe am Ostermorgen. Eine Gruppe von Frauen, die Jesus schon in seiner Predigtzeit in Galiläa gefolgt waren, macht sich auf den Weg zu seinem Grab. Sie hatten Jesus die Treue gehalten bis zu seinem letzten Atemzug am Kreuz. Wegen des anstehenden Feiertags musste alles schnell gehen bei der Bestattung. Nun möchte sie den Leichnam salben. Ein letzter Liebesdienst. Den kennen wir zumindest annähernd. Auch bei uns wird ein Leichnam gewaschen, bevor man ihn in den Sarg legt.

Es liegt auf der Hand, dass das kaum einen praktischen Nutzen verfolgt. Der Tote braucht weder Wasser noch Öl. Aber die Hinterbliebenen brauchen diese Zuwendung der Liebe, um sich zu verabschieden, um noch einmal Wertschätzung und Liebe auszudrücken. Menschliche Liebe braucht immer Ausdrucksformen. Wir sind Menschen mit Leib und Seele, nicht bloßer Gedanke. Darum ist Erinnern an unsere Verstorbenen nicht nur virtuell oder ideell möglich. Darum braucht es auch heute das Grab, einen festen Ort, zu dem man in der Trauer gehen kann – wie die Frauen im Evangelium.

Freilich stehen dieser menschlichen Liebe manchmal Hindernisse im Weg. „Wer könnte uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?“, fragen sich die Frauen. So erzählt es uns der Evangelist Markus. Und solche Hindernisse gibt es auch heute: Lohnt sich dieser Aufwand? Warum soll man Aufwand und Zeit in einen Menschen investieren, der doch verstorben ist? Seine Zeit ist doch um…

Doch eben weil sich die Frauen auf diesen „zusätzlichen“ Weg machen, weil sie sich diese Mühe machen, werden mit dem Wunder der göttlichen Liebe beschenkt. Als sie ans Grab kommen, ist der Stein bereits weggewälzt. Jesus ist auferstanden. Das hätten sie nie erfahren, ohne die Schritte ihrer menschlichen Liebe, wenn sie zuhause geblieben wären. Nun dürfen sie es mit eigenen Augen sehen: Das Grab ist leer! „Er ist auferstanden, er ist nicht hier“, ruft ihnen ein Engel zu.

Als Christen kennen wir Trauer wie andere Menschen auch, wenn uns ein lieber Mensch genommen wird oder wenn wir an unsere eigene Sterblichkeit denken. Aber seit Ostern wissen wir, unsere menschliche Liebe ist umfangen von der weit größeren Liebe Gottes. Darin sind wir geborgen im Leben und im Sterben. Jesus ist uns diesen Weg vorausgegangen durch den Tod ins Leben. Der Vater hat ihn getragen und in seiner Liebe bewahrt. Er hat Jesus auferweckt.

Das ist auch unsere Hoffnung. Wir dürfen als österliche Menschen leben. Für uns Christen sind die menschliche Liebe und die göttliche Liebe kein „Entweder oder“. Erst im „Sowohl als auch“ entfaltet sich die volle Kraft und Freude, die aus der Liebe kommt. Die Frauen sind uns Vorbild in ihrer Liebe zu Jesus, in ihrer tätigen Liebe, die nicht mit dem Tod endet, mit ihrem Zeugnis: Der Herr lebt! Glauben wir ihnen, glauben wir mit ihnen: Jesus ist aufstanden. Amen. Halleluja.

30.03.2024, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

­