Predigt von Pfarrer Daigeler zu Kiliani 2025
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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wie haben sich der heilige Kilian und seine Gefährten eigentlich mit den Menschen in Franken verständigt? Diese Frage finde ich interessant. Die Mönche, die Mitte des siebten Jahrhunderts in Irland aufwuchsen und ausgebildet wurden, sprachen Gälisch, eine keltische Sprache. Vermutlich hatten sie im Kloster, die Orte hoher Bildung waren, auch Latein gelernt. Die Menschen in Mainfranken, wohin sie um das Jahr 680 kamen, sprachen eine germanische Sprache, „Altfränkisch“ genannt. Einfach war die Verständigung also nicht. Dennoch verstanden die Menschen Kilian, Kolonat und Totnan, sonst hätten sie ihrer Botschaft nicht geglaubt. Viele fanden durch sie zu Christus. Darum werden die Heiligen aus Irland bis heute in unserer Heimat verehrt.
Die Ausgangsfrage ist für mich Anlass, grundsätzlicher darüber nachzudenken, wie die Botschaft des Glaubens überhaupt verständlich gemacht werden kann. Wir sprechen alle Deutsch. Obwohl auch das nicht mehr so einfach zu sagen ist, da unter uns immer mehr Menschen leben, für die Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Einige feiern mit uns regelmäßig den Gottesdienst.
Aber so meine ich es nicht unbedingt. Ich kann Worte verwenden, die zwar zutreffend sind, aber dennoch nicht mehr verstanden werden. So scheint es in weiten Teilen mit unserer Glaubenssprache zu sein. Verstehen wir noch zentrale Worte, die wir häufig im Gottesdienst verwenden, wie Gnade, Erlösung, Opfer…? Und verstehen wir sie so, wie sie von der Botschaft Christi her gemeint sind?
Für alle, die im Dienst der Verkündigung stehen, ist die Übersetzungsarbeit nicht weniger herausfordernd als für die Frankenapostel. Eltern, Großeltern, Lehrern und Seelsorgern wird zugemutet, sich den Fragen der Kinder und der Erwachsenen zu stellen: Was soll das heißen? Was meinst Du damit…?
Und wir sind eine Antwort schuldig, weil Christsein zum Teilen der Hoffnung drängt, die uns erfüllt. Weil wir wie der heilige Kilian die Freude unseres Glaubens nicht für uns behalten können. Aber dazu ist Übersetzung nötig. Wir müssen die Botschaft nicht neu erfinden. Wir dürften es gar nicht, denn sie ist auch uns geschenkt und anvertraut. Aber um sie auszudrücken, müssen wir sprachfähig bleiben und eine Sprache suchen, die Menschen bewegt und erreicht, ja sie motiviert, die Botschaft selbst zu ergreifen.
Dabei werden bestimmte Formate eine Rolle spielen. Eine junge Mitarbeiterin hat die Idee unseres neuen WhatsApp-Kanals eingebracht. Das ist wichtig in einer von Medien geprägten Welt. Aber das „Sprachproblem“ geht noch tiefer.
Schauen wir darum noch einmal in die Lesungen des Festtags. Die Lesung aus dem Weisheitsbuch und das Blutzeugnis der Märtyrer sagt uns, nur wenn wir selbst von der Botschaft wirklich ergriffen sind, wenn sie unser Leben bis in die Tiefe prägt, werden Menschen uns verstehen. An den Mönchen aus Irland haben die Menschen sehen können, wie ernst sie die Sache Jesu nehmen, allein an der Tatsache, dass sie ihre Heimat und Sicherheit verlassen haben, um Missionare zu werden; und daran, wie sie konkret gelebt haben. Das versteht man auch ohne Worte.
Und daran schließt sich ein weiterer Gedanke an: Sowohl die Hebräerbrieflesung als auch das Evangelium nennen eine Reihe von Haltungen, die Menschen prägen sollen, die in der Nachfolge Jesu stehen: Gastfreundschaft, Friedfertigkeit, Barmherzigkeit, Freundlichkeit, Treue und Verlässlichkeit, Ordnung und Standhaftigkeit… Noch bevor Kilian, Kolonat und Totnan fränkisch sprachen, beherrschten sie diese „Sprache“, die aus der Haltung Jesu kommt.
Der christliche Glaube ist universal. Er richtet sich an alle Menschen und ist für alle Menschen verständlich, dafür ist Christus Mensch geworden. Jesus hat menschliche Sprache gesprochen, damit wir die „Sprache Gottes“ lernen. Und die können wir mit einem Wort benennen: Liebe. So einfach und so herausfordernd. Kilian und seine Gefährten haben sie offenbar gesprochen, vielleicht manchmal stammelnd oder fehlerhaft. Wie sollte es anders sein? Aber sie sind uns Vorbild und Ermutigung, in dieser Sprache zu sprechen und sie immer mehr zu lernen, damit auch heute Menschen Gott finden. Amen.
06.07.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler