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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Ersten Adventssonntag C

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, „warum muss ich das erleben?“ So fragen sich Menschen in schweren Zeiten, wenn Krankheit oder Trennung eine Familie heimsucht, wenn Krisenzeiten uns Einschränkungen zumuten, wenn uns Umbrüche vertraute Formen des gesellschaftlichen oder des kirchlichen Lebens nehmen…

Doch keiner kann sich „seine“ Zeit oder „seine“ Herausforderungen aussuchen. Sechs Tage des Arbeitens hat Gott uns aufgegeben. Und einen Tag der Ruhe und Erbauung. Zeiten des Schaffens und Zeit des Feierns, Zeiten des Durchhaltens und Zeiten des Aufatmens. Ihre Ordnung und Folge einfach hinzunehmen, fällt uns schwer – schwerer vielleicht als den Menschen früherer Zeiten. Ihnen war klarer, dass vieles nicht in unserer Macht, es zu verändern, steht. „Sich ergeben“, so sagten die Alten. Uns erscheint das altmodisch.

Die Adventszeit, die wir heute beginnen, fängt an mit einem apokalyptischen Evangelium. Jesus spricht von der Endzeit, davon, dass Himmel und Erde erschüttert werden. „Die Menschen werden vor Angst vergehen“, befürchtet Jesus angesichts solcher Ereignisse.

Aber ist es nicht menschlich, dass wir uns fürchten, wenn die gewohnte Ordnung zerbricht? Ja, das ist es. Und keiner von uns sollte sich vorschnell davon freisprechen. Doch welchen Trost, welchen Rat, welchen Auftrag gibt uns Jesus? „Wacht und betet allezeit“!

Wachen und beten, das könnte in diesen adventlichen Tagen bedeuten: Mehr hören als reden, mehr Stille als Lärm, mehr glauben als sich beschweren… Unser Glaube hat adventlichen Charakter. Er ist Erwartung. Wir sehen seine Erfüllung noch nicht. Wir leben nicht im Paradies. Es wird auf dieser Welt nie eine Zeit ohne Kummer und Leid geben. Doch inmitten von all dem, leuchtet immer wieder die Hoffnung auf das Größere auf, die Hoffnung auf das Ewige, auf das Ende allen Leids.

Was lässt uns so hoffen und glauben? Es ist das Geheimnis der Menschwerdung Gottes. Jesus hat durch sein Kommen den Samen dieser Hoffnung in unsere Welt gesät. Unser Auftrag ist es, wachsam für die Spuren seiner Gegenwart zu bleiben und andere durch unseren Glauben auf diese Spur zu bringen. Und an Christus glauben heißt, einen neuen Blick auf das Leben zu haben, einen Blick des Vertrauens. Aus diesem Vertrauen wächst dann auch die Liebe – zueinander und zu allen, wie es der heilige Paulus in der Zweiten Lesung sagte. Machen wir das konkret. Melden wir uns in diesen Tagen bewusst bei einem einsamen, traurigen oder kranken Menschen – persönlich oder telefonisch. Schenken wir ihm Zeit. Teilen wir unsere Hoffnung.

Freilich bleiben auch uns Zumutungen nicht erspart. Das Trostwort des Propheten Jeremia richtet sich an ein besiegtes Israel. Der Baum ist nur mehr ein Stumpf, abgehauen. Doch aus diesem Stumpf sprosst neues Grün. Das Volk Gottes wird gerettet. Und alle, die vorher gelacht haben über den Glauben, sie staunen nun. Und ihr Staunen fassen sie in einen Namen, den sie Israel geben: „Der Herr ist unsere Gerechtigkeit.“

Merkt man uns das an? Diese Hoffnung, diese Zuversicht? Das ist unser täglicher Dienst: Unsere Hoffnung auf Gott setzen. Vielleicht beten wir an jedem Tag des Advent wenigstens einmal: „Komm, Herr Jesus, stärke meine Hoffnung.“ Oder wir beten das Gebet der Menschwerdung den „Engel des Herrn“.

Nicht „Rausch und Trunkenheit“, nicht die „Sorgen des Alltags“ sollen unser Herz beschweren, wachsam wollen wir leben, aufrichtig und aufgerichtet, denn „unsere Erlösung ist nahe“. Nicht in tausend Dingen wollen wir uns verlieren, sondern wachsam bleiben für das Kommen des Heilands: durch Gebet und Nächstenliebe. Amen.

28.11.2021, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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