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Predigt von Pfarrer Daigeler zum Kreuzfest

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, zur Zeit wird die Straße zwischen Wettringen und Aidhausen erneuert. An der Kreuzung nach dem Ortsschild stand ein Kreuzschlepper. Er ist jetzt den Umbauarbeiten zum Opfer gefallen. Erst als der Abbau drohte bzw. durchgeführt wurde, kam das Bild, das Jesus zeigt, wie er sein Kreuz trägt, in den Blick. In unserer Flur, an verschiedenen Wegen und auch in Wohnungen und Amtsräumen sind Kreuze zu sehen. Vielfach sind sie gar nicht so sehr im Blick. Menschen vor uns haben sie aufgestellt oder aufgehängt, wir gehen oder fahren daran vorbei. Und wenn die Oma stirbt, dann werden die religiösen Symbole meist abgehängt…

Natürlich gab es verschiedene Anlässe, weshalb früher Feldkreuze aufgestellt wurden. Das ging nur selten auf den Pfarrer zurück. Es waren einzelne Menschen, die mit diesen Zeichen ihr Leben deuteten: Unglücksfälle, eine abgewendete Gefahr, geschehenes Unrecht… Das Kreuz Christi war das Zeichen, mit dessen Hilfe man solche Geschehnisse deutete. So wie wir es eben im Evangelium hören konnten. Jesus verweist den Nikodemus, der ihn um Rat fragt, auf seinen Kreuzestod: Die Rettung der Welt kommt durch die Hingabe des Gottessohnes. Diese Liebe rettet die Welt. Und „Gott hat die Welt so sehr geliebt“.

Wo ein Unglück geschah, ein Mensch ums Leben kam, dort trösteten sich unsere Vorfahren mit diesem Glauben, dass durch den Tod Christi selbst in der tiefsten Not Rettung zu finden ist. Wenn sie sich vergangen hatten, dann setzten sie als Zeichen ihrer Sühne ein Zeichen, dass der Herr am Kreuz unsere Schuld getragen hat. Doch glauben wir noch so? Ist das Verschwinden der sichtbaren Kreuze nicht auch ein Zeichen für das Verschwinden des unsichtbaren Glaubens in unseren Herzen?

Ich denke, das Kreuzfest sollte ein Impuls sein darüber nachzudenken. Die Botschaft der Schrift bietet uns aber auch Antworten. Die alttestamentliche Lesung mag zunächst befremden, aber im Kern sagt sie uns doch: Wir brauchen sichtbare Zeichen, Zeichen, die uns an Gottes Macht und Wirken erinnern. Es ist nicht egal, ob in unserer Landschaft nur mehr Werbung und Windräder stehen oder eben auch das Kreuz. Und das gilt auch für unsere Wohnungen. Es ist schön, wenn Blumen- oder Urlaubsbilder die Wände zieren, aber es braucht auch die Glaubenszeichen, die uns zum Gebet und zum Innehalten anregen. Hier ist mein konkreter Einsatz gefragt.

Das Zweite ist die bereits erwähnte Deutungsweise. Das ist auch eine Entscheidung. Glaube ist ja auch ein Akt des Willens. Das Zeichen des Kreuzes ruft uns auf, die Abläufe unseres Lebens nicht nur als blindes Schicksal zu sehen. Auch in den bittersten Stunden ist Hoffnung zu entdecken für jeden, der an Christus glaubt, der an seinen Durchgang durch den Tod ins Leben glaubt. Das Kreuz ist das Hoffnungszeichen schlechthin. Darum ist es so kostbar und wichtig.

Und daraus wächst ein dritter Impuls, der vermutlich der schwerste ist. Das Kreuz ist ein Widerspruch gegen unseren menschlichen Machbarkeitswahn. Vielleicht erregt es gerade darum auch so viel Widerspruch. „Wir schaffen das“, heißt es. Wir, Menschen, meinen, dass wir alle Probleme selbst lösen können. Doch so viel wir auch können und vermögen, es gibt Grenzen, an die wir immer wieder stoßen, zuletzt die Grenze unserer Sterblichkeit. Wir können nicht alles selbst lösen, darum brauchen wir den Erlöser. Daran erinnert das Kreuz. Der allmächtige Gott hat sich uns ganz gleich gemacht bis in die Niedrigkeit des Todes, so der Philipperbrief. Und in dieser Hingabe, in diesem Sich-Verschenken hat Christus das Leben erworben. Nicht durch Eigenwilligkeiten oder Rechthaberei, sondern durch das ganz Vertrauen auf den Vater. Folgen wir ihm auf diesem Weg, dazu lädt das Zeichen des Kreuzes ein. In diesem Zeichen ist Leben, Erlösung und Heil. Amen.

11.09.2022, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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