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Predigt von Pfarrer Daigeler zum 1. Adventssonntag A

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Liebe Schwestern und Brüder im Herrn, wenn ein Kind oder ein Erwachsener getauft wird, sehen wir mit unseren Augen keinen Unterschied zwischen vorher und nachher. Weil aber die Taufe ein so wichtiger Schritt ist, um Christ zu werden, wollte man ihn doch sichtbar machen. Daraus entstand das Taufkleid. Die Neugetauften ziehen nach der Taufe etwas anderes an, um die Veränderung sichtbar zu machen. So zumindest die Theorie. Begleitend wird dem Neugetauften ein Wort zugesprochen, das wir eben in der Zweiten Lesung gehört haben: „Zieht den Herrn Jesus Christus an“. So hieß es im Römerbrief.

In unserer Gesellschaft waren über viele Jahrhundert nahezu alle Menschen getauft. Der einzige Unterschied war, ob jemand katholisch oder evangelisch getauft war. Darum wurde die Veränderung durch die Taufe weniger spürbar. Wenn alle getauft sind, dann denkt man nicht darüber nach, was ein Unterschied zu Nicht-Getauften sein könnte.

Diese Situation hat sich stark verändert. Zu einem durch Zuwanderung von Menschen mit anderen Religionen, zum anderen durch die Tatsache, dass viele Kinder von getauften Eltern nicht mehr getauft werden. Nun kann man das als Gegebenheit hinnehmen, man kann darüber klagen oder man kann sich Gedanken machen, wie eine Antwort aussehen könnte. Es einfach hinzunehmen, scheidet eigentlich aus, wenn wir den klaren Auftrag Jesu bedenken, dass allen Menschen das Evangelium verkündet werden soll. Das Klagen ist zwar beliebt, hilft aber selten. Was könnte also eine Antwort sein?

Jede Lösung beginnt mit der Analyse. Sehen, was ist – nicht was wir uns wünschen. Das heißt zunächst einmal: Es ist nicht mehr selbstverständlich, dass mein Nachbar Christ ist, dass meine Kinder oder Enkel es sind. Was können wir da tun?

Letzte Woche war der „Black Friday“. Mit Sonderangeboten sollen Kunden zum Kauf gebracht werden. Dieser Vorschlag wird seit Jahren in der Kirche in unserem Land angepriesen. Alles nicht mehr so streng nehmen, dann wäre die Kirche attraktiver… Nun, die Ergebnisse der letzten 50 Jahre überzeugen mich nicht von diesem Weg.

Wenn ich in die Erste Lesung schaue, wird hier ein anderer Vorschlag gemacht. Der Prophet Jesaja spricht von einem „Anders-Ort“, vom „Berg des Herrn“. Dort schmiedet man „Schwerter zu Pflugscharen“, es gelten also andere Regeln als die Regeln dieser Welt. Und dennoch oder vielleicht gerade darum ist dieser Ort anziehend. Nationen strömen dorthin, Völker machen sich auf den Weg.

Ich bin überzeugt, dass unsere Kirche solch ein Ort sein muss, um Menschen anzuziehen. Wenn wir das wiederholen, was ohnehin alle sagen, tun wir vielleicht nichts Falsches, aber wir sind überflüssig. Unser Auftrag ist es, das zu sagen, was kein anderer sagen kann: das Evangelium Christi, die Frohe Botschaft des Adventes: Der Herr ist nahe! Gott lässt sich finden. Er selbst hat sich gezeigt in seinem Sohn Jesus Christus. Darum ist kein Leben sinnlos. Wir kennen den Erlöser und Heiland.

„Lasst uns ablegen die Werke der Finsternis“, sagt Paulus. Ziehen wir Christus an. Leben wir nach seinem Wort und Beispiel. Das ist die beste und wichtigste Mission, denn jede Evangelisierung beginnt mit der Selbst-Evangelisierung. Die Adventszeit, die wir heute beginnen, ist eine wunderbare Chance auf diesem Weg voranzuschreiten. Jesus sagt es im Evangelium: „Seid also wachsam!“ Wachsam für sein Wort, wachsam für seinen Auftrag wollen wir sein. Amen.

30.11.2025, Pfarrer Dr. Eugen Daigeler

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